1.12.2017 Start der bundesweiten Kampagne: Ausbildung statt Abschiebung!

Verfasst am: 01. Dez 2017 | Tips

Start der Petition für ein Bleiberecht von Asylwerbenden während ihrer Lehrausbildung – für Integration, Wirtschaft und Gesellschaft

Pressekonferenz mit:

  • LR Rudi Anschober
  • Sylvia Hochstöger mit Lehrling Shaffi S. (Dachdeckerei & Spenglerei Pabneukirchen)
  • Thomas Labacher (pro mente OÖ)
  • Christian Schörkhuber (Volkshilfe OÖ)
  • Gunther Trübswasser (SOS Menschenrechte)

 

Das oö. Erfolgsmodell „Lehre für Asylwerbende“ zur Integration ist in Gefahr! Die Negativbescheide, teils sogar Abschiebungen, von Menschen, die schon mitten in unserer Gesellschaft angekommen sind, von denen auch unsere Wirtschaft im Bereich der Lehrlingsmangelstellen profitiert, nehmen zu. Menschen direkt vom Lehrplatz in die Schubhaft zu bringen – das versteht niemand. Ab heute wollen wir mit einer bundesweiten Initiative Druck machen bei der kommenden Bundesregierung, um Sicherheit für unsere Lehrlinge zu erreichen.

Die Mehrheit der Landesregierung ist vor einem Jahr meinem Kurs der Arbeitsmarktintegration gefolgt. Die Flüchtlingsreferent/innenkonferenz  hat aktuell einstimmig meine Forderung nach Verzicht auf Abschiebungen von Asylwerbenden während der Ausbildung unterstützt.

Durch viel Engagement wurde Oberösterreich in den vergangenen Monaten zur Hochburg für Asylwerbenden in Lehre, deren Zahl auf 290 verdreifacht wurde. Diese Erfolgsgeschichte für Wirtschaftsstandort und Integration ist nun durch immer mehr Negativbescheide in Gefahr.

Heute folgt eine bundesweite Initiative „Ausbildung statt Abschiebung“ – mit einer Online-Petition, bei der möglichst viele Interessierte aus Gesellschaft und Wirtschaft bis 10. Jänner 2018  ihre Stimme erheben und einen Appell an die kommende Bundesregierung richten können. Damit politischer Druck erzeugt wird für Sicherheit für unsere Lehrlinge – Ausbildung statt Abschiebung!

Es geht um unsere gemeinsame Chance für Integration und Wirtschaft. Es ist höchste Zeit zu handeln!

Die Petition kann unterstützt werden:

Online unter www.anschober.at/petition oder https://www.openpetition.eu/petition/online/ausbildung-statt-abschiebung

sowie persönlich über Unterschriftenlisten im Büro von LR Rudi Anschober und auf vielen Gemeindeämtern, an die das Ersuchen zur Auflage ergeht.

Hompage von LR Rudi Anschober: http://www.anschober.at/

Erfolgsprojekt: Asylwerbende in Lehre in OÖ

Eine der größten Chancen für die Integration ist die Eingliederung von Flüchtlingen am Arbeitsmarkt. Eine Chance für die Betroffenen selbst, aber auch für oö. Unternehmen (Stichwort: Facharbeitermangel) und unsere Gesellschaft. Leider ist Arbeit für Asylwerber/innen weitgehend von der Bundesregierung verboten. Jahrelange erzwungene Untätigkeit ist die Konsequenz – mit allen negativen Folgen. Eine der wenigen Ausnahmen: Lehrstellen in Mangellehrberufen. Oberösterreich ist bei Lehrlingsmangelstellen mit aktuell 290 Asylwerbenden absoluter Vorreiter.

LR Rudi Anschober: „Wer erst mal eine Lehre absolviert, ist mitten in unserer Gesellschaft angekommen. Schon 290 Asylwerbende und ihre Arbeitgeber/innen und Ausbildner/innen leisten tagtäglich hervorragende Arbeit – zu beiderseitigem Vorteil. Denn die meisten der betroffenen Unternehmen finden seit Jahren nur unter großen Schwierigkeiten neue Lehrlinge bzw. Fachkräfte – durch Asylwerbende gibt es nun eine neue Chance – die wir nicht gefährden dürfen!“

Bis ins Jahr 2020 rechnen Fachexpert/innen mit 29.000 allein in Oberösterreich fehlenden Fachkräften. Gestern hat die Sparte Tourismus der Wirtschaftskammer die schwierige Situation, hinsichtlich Personal-Mangel, gerade in Tourismusgebieten im Westen Österreichs, medial geschildert. In ganz Österreich fehlen noch viel mehr Mitarbeiter/innen im Bereich der Gastronomie.

Und allein in OÖ würden 3.000 Lehrlingsmangelstellen freistehen, die teilweise sofort besetzt werden könnten, für die sich aber keine österreichischen Jugendlichen mehr finden. Das ist eine ernsthafte Gefährdung des Wirtschaftsstandortes Oberösterreich.

Ziel von LR Anschober ist es, das Erfolgsprojekt Integration am Arbeitsmarkt am Bespiel der Lehre in OÖ voranzutreiben. Dies ist etwa durch die Lehrlingskonferenz in Linz vor wenigen Wochen mit rund 300 Teilnehmenden oder durch die Beschlüsse der Landesflüchtlingsreferent/innen aller Bundesländer zur Übernahme der Fahrtkosten zur Berufsschule – wie bei österreichischen Jugendlichen auch bei Asylwerbenden – schon teils gelungen.

Unterstützung gibt es dazu vom breiten Netzwerk Integration vom AMS bis zur WKO arbeitet mit LR Anschober daher sehr engagiert an Maßnahmen zu einer möglichst raschen und gelingenden Arbeitsmarktintegration.

LR Anschober: „Wir machen bei den Lehrstellen tolle Fortschritte. Vor einem Jahr waren es in Oberösterreich noch nicht einmal 100, heute sind es 290 mit Asylwerbenden besetzten Lehrstellen. Und mein Ziel ist bis Ende nächsten Jahres eine Verdopplung an Lehrstellen auf 500. Dazu braucht es aber Rückenwind – und keine Verunsicherung, wie dies aktuell durch die Negativbescheide für Asylwerbende in Lehre geschieht. Sofortige Abschiebungen dieser bereits selbstständigen Menschen sind ein Anschlag auf Integration, Solidarität und Wirtschaft. Denn gerade im Bereich der Mangellehrberufe suchen Betriebe händeringend nach guten Arbeitskräften, die Lehre für Asylwerbende ist hier eine riesige Chance, um die wir auch die heimische Wirtschaft nicht bringen dürfen!“

 

Aktuelle Daten: Asylwerbende in Lehre in OÖ

Mit 290 Asylwerbenden in Lehrlingsmangelstellen (Stand 30. November 2017) besetzt Oberösterreich knapp die Hälfte aller Plätze Österreichs.  Die meisten Stellen finden sich dabei in der Gastronomie und Hotellerie, aber auch Tischler/innen, Friseur/innen, Elektriker/innen oder Installateur/innen sind unter den Lehrlingen mit Asylwerbestatus. Der überwiegende Teil der Betroffenen (201) stammt aus Afghanistan, auch 11 Mädchen sind unter den Lehrlingen. Hinsichtlich der Verteilung in OÖ ist eine große Breite gegeben: Linz, Gmunden, Rohrbach und Vöcklabruck sind aktuell die Top 4-Bezirke mit Lehrstellen.

 

Aktuelles Problem: Negativbescheide für Lehrlinge mit Fluchthintergrund

Nun nehmen aber jene Fälle zu, bei denen junge Asylwerbende, die Dank Lehre in Mangellehrberufen, Spracherwerb und Austausch mitten in unserer Gesellschaft angekommen sind, einen negativen Asylbescheid bekommen und bei Bestätigung in zweiter Instanz außer Landes gebracht werden sollen. Aktuell sind uns rund 15 Beispiele bekannt, wo bereits erstinstanzliche negative Urteile zugegangen sind, darunter eine Abschiebung nach letztinstanzlichem Urteil.

Betrieb und Lehrling erzählen die Situation:

 

Sylvia Hochstöger und Shaffiqulla, Dachdeckerei und Spenglerei Hochstöger aus Pabneukirchen: Negativbescheid trotz Lehre

„Ich habe Shaffiqulla vor eineinhalb Jahren kennengelernt. Damals sind Caritas und Wirtschaftskammer an mich herangetreten, ob wir (mein Mann und ich) uns vorstellen könnten, einen jungen Flüchtling in unserem Betrieb auszubilden – über das Beschäftigungsprojekt „PAB 25“.

Natürlich waren mein Mann und ich von dieser Idee begeistert, weil es für uns in den letzten Jahren immer schwieriger geworden ist, Lehrlinge für unseren Dachdecker- und Spenglerbetrieb zu finden. Zum einen sind sicher die geburtenschwachen Jahrgänge schuld am Lehrlingsmangel, zum anderen drängen immer mehr junge Menschen in höhere Schulen.

Für uns stellte diese Maßnahme der Wirtschaftskammer eine große Chance dar, und wir waren gerne bereit, diesen Schritt zu wagen. Denn wenn man bedenkt, dass es in unserer  Branchen an qualifizierten Fachkräften mangelt, und sich dieser Trend auch noch weiter fortsetzen wird, dann habe ich große Sorgen, wenn ich an die Zukunft unseres Unternehmens denke.

Schon beim ersten Gespräch überzeugte Shaffi, wie wir ihn alle nennen, durch seine positive, ruhige und angenehme Art. Es war spürbar, dass er unbedingt arbeiten wollte, und auch mit viel Ehrgeiz und Motivation an die Sache herangehen würde. Somit startete Shaffi seine Lehre am 1.9.2016 bei uns im Betrieb. Nach anfänglicher Skepsis der Mitarbeiter war er schnell in die Belegschaft integriert und jeder unserer Arbeiter arbeitet gerne mit ihm zusammen. Asylwerber hin oder her – war bald kein Thema mehr.

Umso bestürzter sind wir jetzt, dass unser Lehrling – eventuell nach dem zweitinstanzlichen Urteil – wieder in sein Heimatland zurückgeschickt werden soll, und alle Zeit und alles Geld, das in die Ausbildung von Shaffi geflossen ist, umsonst gewesen sein soll.

Die Idee, Maßnahmen zu setzen um junge Flüchtlinge am Arbeitsmarkt zu integrieren, und damit Unternehmen in Mangelbereichen zu helfen, wieder Lehrlinge zu finden, war zwar gut gemeint – jedoch, meiner Meinung nach, nicht fertig gedacht.

Warum lässt man diese Menschen, die sich doch vorbildlich integrieren und uns Unternehmern damit auch ein Stück weit Hoffnung geben, warum dürfen diese Menschen ihre Lehre nicht fertig machen?!

Ich wünsche mir, dass es zu einer Änderung der Abschiebe-Praxis bei Lehrlingen kommt, und dass Asylwerbende in Lehre zumindest bis zum Ende ihrer Lehrzeit, und hoffentlich auch darüber hinaus, in Österreich bleiben dürfen.

Shaffi arbeitet seit September 2016 als Lehrling im Betrieb, ist schon seit 3 Jahren in Österreich. Er ist ein sehr zuverlässiger und gewissenhafter Lehrling, wie man ihn sich als Arbeitgeber nur wünschen kann. Die erste Klasse Berufsschule hat er mit Bravour gemeistert, was nur auf seinen unglaublichen Ehrgeiz und sein Durchhaltevermögen zurückzuführen ist – umso bemerkenswerter als er in seinem Heimatland nur wenige Jahre die Koranschule besucht hat.

Einige Hürden, wie die damals noch nicht geförderten Fahrtkosten zur Berufsschule oder die Unmöglichkeit, einen Moped-Führerschein trotz bereits absolvierter Prüfung zu erhalten, haben wir gemeinsam weggesteckt.

Mittlerweile müssen wir aber miterleben, wie Shaffi immer mutloser wird, und ihm die Ungewissheit, was sein Dasein in Österreich betrifft, sehr zu schaffen macht.

Er kann nicht mehr gut schlafen, zieht sich immer mehr in sich zurück und hat viel von seinem Lebensmut und seiner positiven Lebenseinstellung eingebüßt.

Für uns als Arbeitgeber wäre es sehr wichtig, zu wissen, ob Shaffi in Österreich bleiben darf. Ob es Sinn macht auch weiterhin Zeit und Geld in seine Ausbildung zu stecken?

Im Falle einer positiven Asylentscheidung würde aus ihm sicher ein sehr guter Facharbeiter werden. Ein Facharbeiter, welchen wir in Zeiten von permanentem Fachkräftemangel in unserer Branche dringend brauchen würden.

Unserer Meinung nach, hat Shaffi alles in seiner Macht stehende getan, um sich vorbildhaft in Österreich zu integrieren.

Was dieser negative Bescheid für ihn persönlich heißt ist schwer nachzuvollziehen. Er hat Todesängste, weil er weiß, dass er eine Rückkehr in sein Heimatland nicht überleben würde.

Obwohl er einen Brief von den Taliban in Händen hält, in dem wortwörtlich steht, dass er im Falle der Mitarbeitsverweigerung bei den Taliban, von diesen getötet werden würde, hat das Bundesamt für Asyl und Fremdenwesen lt. Bescheid vom 24.11.2017 nicht feststellen können, dass er im Falle einer Rückkehr von den Taliban bedroht werde. Ich denke, noch konkreter als in diesem Brief kann Bedrohung gar nicht formuliert werden.

Jetzt zu behaupten, dieser Brief könnte eine Fälschung sein, finde ich unerhört.

Ich hoffe, dass diese Geschichte sowohl aus menschlicher Sicht für Shaffi als auch aus wirtschaftlicher Sicht für unser Unternehmen gut ausgeht, und bitte dabei um Ihre Unterstützung.

 

LR Rudi Anschober: „Ich freue mich sehr über das große Engagement dieser jungen Asylwerber/innen, die großartige Unterstützung durch die Unternehmer/innen und die Unterstützung durch Berufsschulen, AMS und WKO.“

OÖs Wirtschaftskammer-Präsidentin Doris Hummer in ihrer Stellungnahme: „Ich spreche mich ganz klar dafür aus, dass in einem Lehrverhältnis stehende Asylwerbende – auch bei Vorliegen eines negativen Asylbescheides – ihre Ausbildung jedenfalls beenden können müssen und idealerweise auch in den Betrieben als gut integrierte Fachkräfte verbleiben können.“

 

Initiativen von LR Rudi Anschober:

1. Initiative für Integration am Arbeitsmarkt der oö. Landesregierung.

Die Oö. Landesregierung ist sich im Bereich der Arbeitsmarktintegration mehrheitlich einig: Auf Initiative von LR Anschober wurde eine Resolution an den Bund verabschiedet mit Forderungen zur Arbeitsmarkt-Erleichterung, etwa Öffnung ab dem 6. Aufenthaltsmonat in Mangelberufen, Zugang zu gemeinnützigen Tätigkeiten und Volontariaten, Erleichterungen bei der Lehre und Nostrifizierung.

2. Einstimmige Beschlüsse der Landesflüchtslingsreferent/innen

Auf Antrag von LR Rudi Anschober haben zuletzt die Flüchtlings-Landesrät/innen aller Bundesländer bei ihrer Konferenz am 20. Oktober einstimmig einen Beschluss an den Innenminister gefasst zur „Berücksichtigung der Integrationsleistung bei Asylwerbenden“.

Wortlaut: „LandesflüchtlingsreferentInnenkonferenz fordert den Herrn Bundesminister für Inneres auf, bei laufenden Ausbildungsmaßnahmen von in einer Lehre befindlichen Personen eine allfällig durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorerst auszusetzen bis zum Abschluss der Ausbildung; dies ist im Einzelfall jeweils zu prüfen.“

Aufgrund einer Definitionsänderung wurde zudem die Übernahme der Kosten von Anfahrt und Schulbüchern von Asylwerbenden in Berufsschulen über die Grundversorgungsvereinbarung ermöglicht – eine Entlastung für die Betroffenen.

 

3. Neu: Bundesweite Initiative: Petition „Ausbildung statt Abschiebung“

Heute startet auf Initiative von LR Anschober die bundeweite Initiative „Ausbildung statt Abschiebung“ mit einer Online-Petition unter

https://www.openpetition.eu/petition/online/ausbildung-statt-abschiebung

Breite Unterstützung von NGOs, Wirtschaft, vielen Gemeinden und Freiwilligen wurde schon zugesichert. Die Petition kann bis 10. Jänner unterzeichnet werden.

LR Anschober: „Wir dürfen Menschen, die sich top integrieren, und Unternehmen, die hier eine neue Chance bekommen, nicht bestrafen. Wir dürfen dieser völlig untragbaren Negativentwicklung nicht zusehen und müssen aktiv werden. Stehen wir gemeinsam auf – gemeinsam können wir eine Änderung der Abschiebepraxis erreichen! Zeigen wir der kommenden Bundesregierung, dass sehr viele Menschen Sicherheit für Lehrlinge wollen, damit es zu klaren Änderungen kommt, die sicherstellen, dass es zu keinen Abschiebungen während der Ausbildung kommt.“

 

Petitionstext:

Ausbildung statt Abschiebung

Das Erfolgsprojekt „Lehre für Asylwerbende in Mangelberufen“ ist in Gefahr. Aktuell nehmen die negativen Asylentscheidungen auch für Menschen in Lehre zu. Es ist zu ersten Abschiebungen gekommen – direkt vom Lehrplatz. Dies sorgt für massive Verunsicherung bei den betroffenen Lehrlingen und den Betrieben. Daher fordern wir von der Bundesregierung, die Aussetzung der Abschiebungen von Menschen in Lehre und Ausbildung!

Begründung:
Eine der größten Chancen für die Integration ist die Eingliederung von geflüchteten Menschen in den Arbeitsmarkt. Eine Chance für die Betroffenen selbst, aber auch für die Unternehmen und unsere Gesellschaft. Die Lehre in Mangelberufen ist eine der wenigen Beschäftigungsmöglichkeiten für Asylwerbende. Denn gerade im Bereich der Mangelberufe suchen Betriebe händeringend nach Arbeitskräften. Die Lehre für Asylwerbende ist hier eine riesige Chance, die uns nicht genommen werden darf.

Im Namen aller Unterzeichner/innen.

 

Die Petition kann unterstützt werden:

Online unter www.anschober.at/petition oder https://www.openpetition.eu/petition/online/ausbildung-statt-abschiebung

sowie persönlich über Unterschriftenlisten im Büro von LR Rudi Anschober und auf vielen Gemeindeämtern, an die das Ersuchen zur Auflage ergeht.  

 

Unterstützungsstimmen:

Volkshilfe –Flüchtlings- und Migrant/innenbetreuung OÖ, Christian Schörkhuber:

„Die Wirtschaft ruft nach einer Erweiterung der Liste an Mangelberufen.“
„Mit dem Rückgang der Arbeitslosigkeit feiert der Fachkräftemangel sein Comeback. Die Liste der betroffenen Berufe wird länger.“
„Den Lehrlingsmangel am Land bekämpfen.“
„In kleinen Ortschaften finden Betriebe kaum geeignete Lehrlinge.“
Vier Beispiele aus Medienberichten der letzten Tage.

Dem gegenüber stehen Berichte über Abschiebungen von jungen Asylwerber/innen, die aktuell eine Lehre in eben diesen Mangelberufen ausüben.

Dabei ist das Projekt „Lehre für Asylwerber“ eine Erfolgsstory. Junge Asylwerbende, die seit langer Zeit auf einen Asylbescheid warten und zum Nichtstun verdammt sind, haben eine sinnvolle Beschäftigung. Land und Staat ersparen sich durch Reduzierung der Grundversorgungskosten Millionen Euro an Ausgaben. Bei Asylanerkennung ist die Integration in den Arbeitsmarkt bereits erfolgt. Der „Umweg“ über die Bedarfsorientierte Mindestsicherung bleibt erspart. Sozialhilfeverbände ersparen sich hohe Kosten. Der/m Unternehmer/in, die/der verzweifelt, aber vergeblich einen österreichischen Lehrling gesucht hat, wurde ebenfalls geholfen.

Warum also abschieben? Abschiebung heißt, neben dem Leid des Betroffenen, auch den Arbeitsplatz nicht wieder nachbesetzen zu können. Holen wir dann junge Leute aus Rumänien oder Polen – also EU-Bürger/innen, um den Arbeitskräftemangel zu beseitigen oder lässt man die Wirtschaft einfach alleine mit ihren Problemen?

Im Mai 2011 fand die letzte österreichweite Bleiberechtskonferenz in Linz statt. Der damalige Widerstand hatte Erfolg. Viele integrierte Menschen durften in Österreich bleiben und sind heute fest in der Gesellschaft verankert, viele haben bereits die österreichische Staatsbürgerschaft. Es war der richtige Weg.

Lernen wir aus der Vergangenheit – keine Abschiebung von Lehrlingen – Ausbildung statt Abschiebung.

pro mente OÖ, Thomas Labacher:

„Warum im Rahmen einer Lehre bestens in den Arbeitsmarkt integrierte Asylwerbende abgeschoben werden, ist für mich absolut nicht nachvollziehbar.

Ständig wird die Einhaltung von Werten eingefordert. Einer dieser zentralen gesellschaftlichen Werte ist die Menschlichkeit. Eine Abschiebung aus der Lehrstelle ist unmenschlich und fügt der heimischen Wirtschaft, die dringend Arbeitskräfte in den Mangelberufen braucht, einen großen Schaden zu!“

Caritas für Menschen in Not:

„Wenn für eine/n Arbeitgeber/in nicht klar ist, dass seine Lehrlinge für die Dauer der Lehre auch in Österreich bleiben können, wird die Bereitschaft, Asylwerbende in ein Lehrverhältnis aufzunehmen, bald nicht mehr vorhanden sein. Dabei sind die jungen Asylwerber/innen gerade in Mangelberufen, für die sich oft kein einheimischer Lehrling finden lässt, wertvolle Arbeitskräfte. Für uns als NGO, sowie auch für Arbeitgerber/innen und freiwillige Helfer/innen, kann es nur als Zynismus bezeichnet werden, dass in den negativen Asylbescheiden der Lehrlinge davon die Rede ist, dass es keine Anzeichen von Integration gäbe.“

Gunther Trübswasser, SOS Menschenrechte:

„Jungen Flüchtlingen zuerst durch überlange Asylverfahren wertvolle Lebenszeit zu nehmen und sie dann mitten in ihrer Berufsausbildung und nachdem sie bewiesen haben, dass sie integrations- und leistungswillig sind, abzuschieben, ist ein unmenschlicher, massiver Eingriff in ihre Persönlichkeitsrechte. Aus Sicht unserer Gesellschaft sind solche Maßnahmen gegenüber engagierten jungen Menschen aber nicht nur menschenrechtswidrig, sondern vor allem kurzsichtig und dumm!“